Ai betritt die Bühne. Er trägt eine Schweinsmaske.
In karikierten soldatischen Schritten stapft er über die Bühne, lacht hölzern und macht ungelenke Pantomime (Geburt, Liebe, Angst, Hass, Sex, Tod, Spiel). Seine Bewegungen sind mechanisch, roboterhaft, aber dennoch auch tänzerisch: eine dancing war-machine.
Dazu wird das Lied „I Robot“ von Alan Parsons Projekt eingespielt.
Sobald das Lied vorbei ist, geht Ai von der Bühne, kommt dann ohne Maske zurück, platziert sieben Plüschschweine, einen Kasten Bier, eine Schachtel Zigaretten und eine Zeitung in die Mitte der Bühne. Die Plüschschweine stellt er im Kreis um den Bierkasten auf. Ai öffnet ein Bier und zündet sich eine Zigarette an.
Ai läuft am Anfang der Szene sehr nervös umher, wird im Verlauf der Szene ruhiger, gelähmter, bis er gegen Ende der Szene in den katatonischen Stillstand einer heldenhaften Pose verfällt.
Während der Szene muss Ai immer dringender pinkeln, aber er versucht es zu halten, verschiebt es. Erst am Ende der Szene – er in völligem Stillstand – bricht er unter Schmerzen zusammen und sieht zu, dass er schleunigst auf allen Vieren von der Bühne kommt.
In unregelmäßigen Abständen greift er nach der Zeitung, um damit imaginäre Insekten zu verjagen oder tot zu schlagen.
Ai nimmt die Plüschschweine als Ansprechobjekte und sieht in ihnen jeweils die imaginierte Person.
Ai:
Nichts trifft es.
Nichts hat es je getroffen.
Stets daneben, stets vorbei,
stets wie nicht gewesen.
Und doch.
Immerzu gefangen. Immerzu nicht frei,
immerzu gekämpft,
permanent belagert, permanent umgeben,
permanent in der Deckung.
Ich rutschte,
stets, immerzu und permanent,
ich rutsche, rutsche,
rutsche
einen Abhang hinab
je mehr ich hinauf wollte
oben hin wollte
u. griff
stets, immerzu und permanent,
ich greife, greife,
greife
nach euch,
nach dem Leben,
nach mir
nach irgendetwas
wenigstens irgendwas
ein bisschen was
doch ich griff es nicht
ich greife es nicht
ich begreife es nicht
ich begreife das nicht.
Noch jetzt,
hier,
in dieser Vorhölle,
in dem Gewölbe der Leichen und Halbtoten,
der Zombies und Widergänger,
in dieser Fabrik der Übriggebliebenen,
derer, die nicht weg können, die nur
umgeschichtet werden können,
von hier nach da,
von unten nach oben,
von oben nach unten,
von einem Eck ins andere
u. immer im Weg,
nie wirklich aus den Füßen,
nie angenommen, in den Arm genommen
und gehen gelassen
immer in der Warteschlange
immer bei dem Rest, der nicht mehr hinein darf
oder heraus
selbst jetzt noch
hier
dort liegt Teu, das treue Seeleding,
im Eck steht u. kichert High-Tek,
das zugedröhnte Hüllending einer Sklavenexistenz
mit Prinzessinnenpotential
Ody,
mein Gegen-Ding,
Ody gibt nicht existenten Reportern Interviews
Ody wurde verrückt,
gegendingverrückt,
Ody war schon immer verrückt
und auf der Treppe kriecht Chill-Out,
das ewige-Morgen-Ding,
das Nie-zuende-Ding,
seit ich ihn erschlagen habe,
ich hab ihn doch erschlagen,
ich hab sie alle erschlagen,
seit diesem Tag hat er kein Auge mehr zugemacht
hat niemand mehr ein Auge zugemacht
sie starren mit nachtblinden Augen in die Nächte ihrer Leben
Durch die Wände höre ich die Fähnchen-im-Wind-Dinger, Enemene u. Aga, die Memme, heulen,
sie schreien Tag u. Nacht
u. haben doch den Unterschied zwischen Tag u. Nacht vergessen
sie spüren im Nacken den Wind,
in dem sie je u. je geknickt wurden wie lebensuntüchtige Bäume,
sie hielten es für Schläue,
weit gebracht haben sie es mit ihren Lebenstricks,
jetzt geben sie einander fließend Wasser
u. wischen einander unentwegt die Erbärmlichkeit aus den Augen.
Über allen
in ihrer gewitterhimmlichen Hängematte
wackelt Tinchen, das göttliche Ding,
ihre Anweisungen interessieren keinen mehr,
sie spricht in göttlicher Einsamkeit
in der Stille derjenigen,
die mit ihren Forderungen alles in die Stummheit schrie,
in die Geräuschlosigkeit klagte,
in die Mucksmäuschenstille kritisierte.
Keine Zähne haben sie mehr,
aber dennoch schnappen ihre Mäuler
in purer Tötungsabsicht
nach jeder klitzekleinen Regung,
nageln ihre stumpfen Augen
jedes Zucken als Trophäe
lebendig an die Wand.
Also zucke nicht.
Also rege dich nicht.
Also zeige sie nicht,
sage ich mir,
zeige nicht deine Gier,
sage ich mir,
die Lippen zittern nicht,
die Zunge aalt sich nicht mehr im Schrei
dieser Gier,
meine Glieder holen sich,
gestachelt von dieser Gier,
einander keinen mehr runter,
sie tanzen nicht mehr im Krieg der Leiber,
u. doch ist sie noch da,
die Gier,
meine Gier,
meine Gier nach Liebe ist so groß wie die der Ozeane nach jeglicher Süße. Und wie die Gier dieser Meere alle Wasser salzig werden lässt, so ließ auch mein gieriges Blut alles Leben bitter werden, weil ich es verschlingen wollte,
statt darin zu baden.
Jetzt badet sie in mir.
Wie ein kleines Kind,
das nie zu Welt kam,
meine toten Kinder,
die sterben durften
ehe sie leben mussten
so wie wir
wie wir hier
meine kleinen gierigen Todeskinder,
ich setze mich hin,
alt bin ich geworden,
aber dann streiche ich mit der Hand über meinen Bauch
u. spüre meine toten Kinder in mir,
meine Kindergier, meine todgierigen Babys
u. fühle die Lust in den Augen
in den Mundwinkeln
ihnen Fressen zu besorgen,
ihnen diese ganze Scheiße hier
zum Fraß vor zu werfen,
dass sie quiekten wie Ferkel, die sich in die Mutterbrust
verbissen haben, um sich zurück in ihren Leib hinein zu fressen,
zurück in die warme Dunkelheit ihres Unterleibs.
Ich war
stets in der Hoffnung
der erste Stein meines Lebensdominos
wäre endlich gefallen
u. es wäre eins nach dem anderen
der unendlichen Reihe umgefallen
jeder dieser Dominosoldatenposten
sei gefallen
als gewaltiges Schauspiel
u. ich hätte rufen schreien brüllen lachen können
ätschbätsch, du
ätschbätsch, ihr
ätschbätsch, ich
aber da ist nichts gefallen
so sehr ich auch alles umstieß
alles umhaute
sinnlos um mich schlug
High-Tek
das Huren-Ding
war sie es
ist sie es gewesen
war sie die Frau
der Unterleib, der mit Dunkelheit stillt
war sie es gewesen
bist du es
High-Tek
du von Schmeißfliegen umflogenes Kadaverding
du halbtotes Dingsbums
mein Liebesbumsdings
Gott
High-Tek
wo bringen sie dich nur hin
sie bringen dich fort von mir
High-Tek
lass sie es nicht merken,
aber ich folge dir
du Liebsdingsbums
du Liebes-dings
du liebes Ding
du Liebe
wie schienest du
wie schienest du nur so hell
viel zu hell
du stilltest nicht
du machtest hungrig
ich verhungerte an dir
die Verschlingungsgier wuchs u. wuchs
du sagtest,
ich bin doch da,
aber wo warst du,
als ich schrie
als es schrie in mir
als es nach der Dunkelheit schrie in mir
nach der Wärme
wo warst du
als du vor mir knietest u. sagtest
komm zu mir
u. nicht merktest,
dass ich gehen musste
dass ich es erledigen musste
dass ich raus musste
dass ich töten musste
dass meine toten Kinder in mir
dass die Frucht meines Leibes
Nahrung brauchte
Fresschen brauchte
wie ich dich als Fresschen gebraucht hätte
wie ich dich hätte durchwühlen sollen
meine Zähne in dich hätte schlagen sollen
wie der Schakal ins Aas
du Aasding
du gekauftes Ding
du Trophäe
du Menetekel einer vergangenen Lust
u. doch
alle sind sie hier
du Zeichen dafür
dass ich nichts richtig tat
du Mahnmal meines nicht gestillten Hungers
du Blume auf dem Misthaufen meines Lebens
rieche ich dich
rieche ich die Scheiße, die ich bin.
Trophäe,
warum kamst du nicht aus freien Stücken?
Du liebtest mich nicht.
Du schmeicheltest mir,
knietest vor mir
u. nahmst mich in dein verlogenes Maul,
nur um mich einzulullen,
nur um den Moment der Flucht zu finden,
du ekelst mich an
in deiner Falschheit,
du Ding
du Nichts
du Beweis meiner eigenen Dinghaftigkeit,
meiner eigenen Nichtigkeit.
In Gedanken ficktest du Chill-Out,
das Geldscheißerding,
oder Ody,
dieses Angeberding,
tagsüber lagst du bei ihnen
u. lecktest ihren Arsch sauber
ich weiß es
ich weiß es
nie werde ich dich alleine
lassen
ewig wirst du es mir büßen
ich werde dir hier die Hölle auf Erden besorgen
das ist mein Werk
mein Werk,
diese dicken Mauern,
hier habe ich sie alle in meiner Gewalt
hier habe ich euch alle in meiner Gewalt
ihr von Schmeißfliegen umflogenen Arschlöcher
jetzt könnt ihr euch die Löcher von den Drecksviechern lecken lassen