Bühne wie zuvor. Blaues Licht.
Ai:
sie sagt,
ich soll es tun,
sie sagt,
bring sie alle um
sie sagt,
das ist die Vergeltung,
sie sagt,
so kann es geschehen
einst ging ich am Strand
u. wollte in der See versinken
wollte eins sein mit dem Blau
wollte mich ausdehnen wie die Flut
u. zusammenziehen können wie die Ebbe
wollte an der Welt lecken wie die Wellen
u. wollte Leben in mir bergen wie die Ozeane
da kam sie
u. schüttelte ihre schwarzen Locken
u. ich sah
die Narbe an ihrem Bauch
diesen Riss im Fleisch
diese Wunde einer Vergangenheit
dieses Zeichen einer vergessenen Erinnerung
meiner Erinnerung
ein zugenähtes Loch in meiner Vorstellung
eine Verletzung, an deren Rändern die Schmerzen
meines Lebens zu Hause waren
u. sadistische Urständ feierten
meine Göttin
meine Zeugerin
meine Bezeugerin
der kimmerische Beweis meiner elysischen Existenz
ich war ihr Engel
ihr ein
ihr alles
ihr Held
u. ihr Geliebter
mir flüsterte sie zu
du wirst Kriege gewinnen
u. Kämpfe bestehen
du wirst mit Auszeichnungen geehrt werden
wirst Spuren hinterlassen
die direkt zu mir führen
du wirst meine Erfüllung sein
sagte sie
dort am Strand
dort im Zeichen ihrer Narbe
im Rauschen der See
unter den Schreien der Möwen
sie nahm meinen Kopf u. reinigte meine Augen
mit Vogelkot
sie nahm meine Brust u. wusch sie mit Feuerquallen
sie nahm meine Arme u. Beine u. durchstieß sie mit Seeigeln
mit Austernschalen schrieb sie mir ihren Namen auf den Rücken
u. lachte
u. weinte
u. sagte
dass sie durch mich lebe
dass ich ihr Leben spenden müsse
indem ich dasjenige der anderen nehmen solle
sie lachte
sie weinte
u. sie schluckte die Austernschalen
u. Muschelschalen
u. sie trank das Gift getrockneter Rochen
u. schnürte ihre Kehle mit den Tentakeln riesiger Kraken zu
sie sagte
ich bin deine Medusa
deine Medea
deine Schaumgeborene
deine Kopfgeburt
deine auferstandene Vorhaut
du bist der Riss in meinem Hymen
u. du bist die Ausgeburt meines Fruchtwassers
du wurdest gezeugt, als der Kosmos mich vergewaltigte
mir seine glühenden Sterne in die Fotze schoss
du bist mein Kind
sagte sie
ich bin dein Gott
u. du bist mein Mensch
Sie legte sich auf den Boden u. grub die Hände in die Erde
sie kratzte Furchen, sie grub Höhlen mit ihren Nägeln ins Felsgestein
ihr Blut zeichnete den Sonnuntergang in den Horizont
ich wollte tun was sie sagte
ich weinte u. lachte u. wusste, ich werde gehen
ich war von nun an frei
diese Göttin
dieses göttliche Ding
dieses lächerliche Ding
Tinchen
meine Göttin
hatte mich befreit
als sie mich aus dem Nichts erlöste
u. mir Form gab
die Form eines Kämpfers
eines Helden
eines Menschen, der kann, was sie nicht kann
was sie nie konnte
ach
sie hatte es versucht
u. trägt nun die Narbe davon
sie sagte,
sie wolle leben
sie wolle sterben
identisch sei das
sie sagte
sie wolle lieben
sie wolle auslöschen
auch das sei identisch
ein ein
ein alles
hier komme Staub zu Staub
u. Asche zu Asche
hier steige Phönix auf
hier wachse des Prometheus Leber nach
ich sei dies alles
u. ich sei dies eins
mir gebühre die Welt
u. mir gebührten die Auszeichnungen der Welt
mir gehöre das Leben
u. mir gehöre der Tod
ich sehe sie
sie steht auf dem Felsen
u. springt in die Tiefe
u. der Stein färbt sich rot
u. die Narbe leuchtet in der Sonne
u. die Erde glüht wie tausend Sterne von ihrem Schmerz
sie sagt
geh
sie sagt
hau ab
sie sagt
bleib
sie sagt
wenn du gehst, sterbe ich
sie sagt,
wenn du bleibst, vergehe ich
sie sagt,
ich sei ein Nichts
sie fragt
ob ich ihr nicht endlich das Leben nehmen wolle
wann ich ihr endlich den Schmerz aus dem falschen Fleisch zöge
ich sei wie ein Kaktus mit giftigen Stacheln in ihrer Fotze
sie sagt
ich sei ein Speer in ihrem Arsch
der ihre Gedärme zerschlitzt
u. ihr das Herz zerstochen habe
die Lunge perforiert
sie sagt
ich sei so dumm wie der Scheißsand an diesem Scheißstrand
sie sagt
ich sei so hohl wie diese Scheißhöhlen in diesem Scheißfelsen
sie sagt
ich sei zu blöd zum Leben
sie sagt
deshalb wirst du sie töten
deshalb wirst du dich töten
sie sagt
ich solle nicht so erbärmlich weinen
so fuckingbeschissenerbärmlich heulen
hier an diesem gottverlassenen Strand
an diesem gottbeschissenen Strand ihrer gottbeschissenen Einsamkeit
sie sagt
ich solle mich trollen
ihr aus den Augen
aus dem Sinn
gehen
endlich gehen
sie sagt
sie nagle mich an den Felsen u. fresse mir Stück für Stück den Schwanz weg
die Eier weg
sie sauge mir die Därme aus dem Arschloch
sie brenne mir mit ihrem Blick die Brustwarzen in die Lunge
alles sei Schmerz
u. ich sei die Manifestation dieses Schmerzes
sie sagt
nie habe sie mich in ihrem Leib getragen
nie habe sie mich auch nur gekannt
nie hätte ich sie gekannt
wir seien Fremde
uns Unbekannte
was mir einfalle
sie habe nichts gesagt
sie habe geschwiegen
das sei so ein Menschen-Ding
immer wollten wir die Götter sprechen hören
immer sollten wir von Göttern gezeugt sein
sie habe noch nie auch nur einen einzigen Menschen gezeugt
wir seien die Insektenplage der Götter
wir fräßen mit unserer Gier die göttlichen Gärten u. Plantagen leer
wir ätzten mit unseren Worten die Haut der Götter
sie wisse keinen mehr ohne Geschwür
ohne die Krätze
sie wisse nicht
welcher Teufel uns ihnen angehängt habe
aber
nur wegen dieser Krankheit, die wir seien
müsse sie tagtäglich an diesem beschissenen Strand sein
in der beschissenen Nähe zu diesem beschissenen Wasser leben
mit diesem beschissenen Salz in der Luft
es rieche nach Menschenschweiß
sie ekle sich
wir seien schuld
ich sei schuld
sagt sie
sagt dieses Tinchen
derentwegen ich hier bin
ich Trottel
ich Idiot
ich Depp
ihr Gerede
ihr Sagen
zum Kotzen
Jeder hat seine eigene
seine ihm eigentümliche Litanei darüber,
was er in seinem beschissenen kleinen Leben ändern möchte,
was er aber in seinem beschissenen kleinen Leben nie ändern wird,
wir hören uns diese beschissenen Litaneien an
u. nehmen sie nicht ernst
wir lachen unser beschissenes Grinsen dazu
u. nicken unser beschissenes Nicken dazu
u. sagen unser beschissenes Aha dazu
aber wir nehmen es verdammt noch mal nicht ernst
im Kopf unsere eigene beschissene Litanei
über unser eigenes beschissenes Leben
manchmal lachen wir unser beschissenes Lachen darüber
manchmal schreien wir unsere beschissenen Schreie deswegen
u. hören doch schon lange diese unsere beschissene Litanei nicht
die da so beschissen lacht u. so beschissen schreit
während wir so beschissen nicken
u. so beschissen lachen
u. so beschissen aha sagen
aha
das ist ja das Angenehme an ihr
sie verletzt nicht wirklich
die Kleine
das göttliche Ding
mein Tinchen
mein Tinchen-Ding
meine Gebieterin, Befehlerin, In-den-Krieg-Schickerin
mein Hass-Ding
mein Liebes-Ding
meine Mama
mein Papa
mein Ich
mein Du
mein Dein
mein Mein
mein ja
mein nein
sie kann nicht wahrhaftig gefährlich werden
ach ja
aha
(lacht)
(weint)
(nickt)
(schüttelt den Kopf)
(schreit)
sie kratzt u. beißt
ein angenehmes Knuffen u. Beißen
wie bei jungen Hunden
die sich erproben
hier erprobt sich aber nichts mehr
es wiederholt sich nur
ein andauerndes Peeling
eine permanente Durchblutungsanregung
zumeist angenehm
manchmal tut es auch weh
gut, das kann vorkommen
aber in der Regel
normalerweise
bei Einhaltung der Zeiten
geschieht nichts Schlimmes
sie verhindert es dadurch,
dass man ihr nicht nahe kommen kann
dass es nicht zu tief wird
es wird nicht tief
geht nicht ans Fundament der Gefühle
Peeling
durchaus unter die Haut gehend
mehr nicht
man darf sich nicht täuschen lassen
vom Instrumentarium ihrer Behandlung
vom Ansatz ihrer Worte u. Gesten
von den Formeln ihrer angeblichen Absichten
der launische Masseur kennt höchstens die Intimität der Verachtung
u. auch die nur aus einer Überdrüssigkeit heraus
ansonsten bleibt es: Fortgang, Fortsetzung, Nicht-Aufhören-Können, Routine, Fressen-und-Scheißen, Scheißen-und-Fressen
wir versuchen uns das Leben einzumassieren
aus Angst
es könne schon vorbei gegangen sein
aha
ach ja
damals am Strand
der Geburtsstunde meines Krieges
wer war die Vettel?
Wer war die Kuh?
Eine dahergelaufene Irre.
Ein magersüchtiges Gestell.
Man roch noch ihr Erbrochenes.
Man roch die Scheiße an ihrem Arsch.
Man roch den Gestank ihrer Fotze
die Fäulnis ihres Maules.
Ich rieche das alles noch jetzt.
Tinchen.
Tinchen-Ding.
Göttliches Ding.
Ich kann dich riechen.
Du bist nicht weit.
Du bist bei mir.
Nicht wahr.
Bei mir.
Ich bin nicht allein.
(Stille)
Du bist da.
Da bist du.
Ich werde es ihnen zeigen.
Ich werde sie zerfleischen.
Ich werde ihnen die Ärsche aufreißen.
Du bist ja da.
Da bist du ja.
Ich rieche dich.
Den Geruch des Kampfes.
Den Ruch des Sieges u. der Vergeltung.
Den Rausch der Rache.
Was haben sie dir angetan?
Was haben sie uns angetan?
Was haben sie mir nur angetan?
Schweinebande.
Drecksschweine.
Kriegsschweine
(aus dem OFF „War Pigs“ von Black Sabbath.
Ai tanzt wild über die Bühne)
Ja.
Ja.
JaJaJaJa.
Aaaah.
Ja.
JaJa.
JaJaJaJa.
Du bist da.
(ornaniert)
Da bist du.
Da.
DaDaDa.
DaDaDa.
Aah.
Aaaaah.
Aaaaaaaaah.
(kommt)
Nein.
War es so?
Trifft es das?
Ja?
Nein!
Nein?
Ja?
(wischt sich das Sperma aus den Händen)
Scheiße,
hier ist keine Sau,
kein Schwein da.
Wo ist sie?
Wo sind sie?
Scheiße.
So allein.
So ängstlich.
Ja.
Scheiße.
Tinchen?
Tinchen?
Ich werde es tun.
Ihr werdet es sehen.
Du wirst es sehen.
Nein?
Ja!
Die dumme Sau.
Du dumme Sau!
Hättest du nicht ein Mensch sein können?
So mit Fleisch u. Blut
u. ein bisschen Wärme,
einem bisschen Wärme,
einer klitzekleinen Berührung nur,
nur einer einzigen,
einmal,
wäre das nicht im Bereich des Möglichen gewesen?
Einmal nur.
Aber nein.
Fuck.
Muss ich es mir selber machen.
Immerzu
selber machen.
Immerzu und immerzu.
Ich arme Sau.
Ich einsames Schwein.
Quiek
Quiek.
Nie war ich am Strand.
Nie am Meer.
Immer nur hier.
In meinem Stall.
Immer nur darauf gewartet, bis sie mich hohlen.
Abstechen.
Auffressen.
Immer nur
grunz
grunz.
Immer nur
Quiek
Quiek.
Immer nur der finale Countdown.
Der finale Grunz-Countdown.
(Ai läuft wir ein Schwein über die Bühne.
Dazu läuft „The final countdown“ von Europe)
Sie ist nicht da.
Licht aus
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